Nach 4 Jahren und 3 Monaten mit ca. 54 Präsenz-Terminen und vielen Praxisphasen konnte ich das Dirigenten-Studium „Metafoor“ bei Prof. Alex Schillings und Komponist Rob Goorhuis an der BDB Musikakademie in Staufen erfolgreich abschließen. Die Praxis-Prüfung fand am 31.03.2019 als Benefizkonzert mit dem Bundespolizeiorchester München im Bürgerhaus am Seepark in Freiburg statt. Endlich stand ich vor der Jury und durfte das Bundespolizeiorchester München mit dem  Prüfungsstück „The Seafarer“ von Haydn Wood dirigieren. Von vielen Musikerkollegen*innen werde ich gefragt, was „Metafoor“ mir gebracht hat. Dies will ich versuchen mit diesem Beitrag zu beantworten. Gleichzeitig erhalten alle Leser, die an Metafoor interessiert sind, einen kleinen Einblick aus der Perspektive eines Metafoor-Studenten.

Wie waren die 4 Jahre bzw. 4 Phasen?

2015 – Der Start in Metafoor und die erste Ernüchterung

Zusammen mit 8 Kollegen startete ich das Metafoor Studium im Januar 2015 an der BDB Musikakademie in Staufen. Zuvor hatte ich einen Tag als Hospitant dem laufenden Metafoor-Studium beigewohnt und konnte mich bereits mit dem Unterricht vertraut machen. Der Stundenplan umfasste einen sehr straffen Tagesablauf von 9:30 Uhr bis 22:00 Uhr. Nach der Orchesterarbeit erfolgte meist noch eine Nachbesprechung, so dass ich oft 23:00 Uhr meine Heimfahrt antreten konnte. Die Fächer waren tagsüber abwechselnd bei Prof. Alex Schillings und Komponist Rob Goorhuis aufgeteilt. Abends wurde dann Theorie in Praxis umgewandelt am Dirigentenpult mit dem Lehrgangsorchester. Während der gesamten Studienzeit stand uns das Freiburger Blasorchester zur Verfügung (Herzlichen Dank dafür !!!). Mein erstes Studienjahr war geprägt von einem Wechselbad der „Gefühle“. Einerseits war ich extrem beeindruckt, von den vielen neuen Facetten und dem intensiven fachlichen Input. Andererseits aber total ernüchtert über die vielen Fehler, die ich mir in meiner bis dato 16-jährigen Dirigenten-Karriere angeeignet hatte. So stellten sich unpräzise Schlagbilder heraus, die zu vielen hörbaren Problemen meiner Orchester führten, deren Ursachen ich zuvor aber immer bei meinen Musikern suchte. Oder aber auch Fehler, die durch falsche Literaturauswahl und fehlende Literaturkenntnisse entstanden und so zu schlechten Konzerten führten. Oft hatte ich mich gewundert, warum manche Blasorchester-Werke einfach nicht klingen wollten in meinen Orchestern. In Metafoor erfuhr ich nun die Gründe und konnte vielfältig erlernen, worauf es bei der Literaturauswahl ankommt, so dass „Gute Noten auch gute Orchester machen“.

2016 – Ein wichtiger Wendepunkt und eine Trennung

Leider startete das zweite Studienjahr nur noch mit 4 Studenten in meinem Jahrgang, da die anderen Teilnehmer nach dem ersten Jahr ihre Metafoor-Reise beendeten. Das sollten aber nicht die einzigen Veränderungen bleiben. Denn auch bei mir persönlich brachte das Metafoor-Studium deutliche Auswirkungen in meiner Dirigenten-Tätigkeit zu Tage. Ich fing immer mehr an, das Neuerlernte anzuwenden und die Ansprüche an die musikalische Arbeit auf das musikalische Verständis der Dozenten anzupassen. Dass dies zu einem Spannungsfeld führen würde, war eigentlich nicht gewollt, aber auch nicht zu verhindern. Ich wurde immer mehr unzufrieden mit dem „Nicht-üben“ und der Einstellung einiger Musiker: „…das ist doch nur ein Hobby…“ – wobei mich hier nicht das „Hobby“ stört, sondern das kleine Detail „nur„. Denn darin spiegelt sich die Einstellung einiger Freizeitmusiker, denen es ausreicht nur wöchentlich abends in die Probe zu gehen, die Noten eher „Vom-Blatt“ zu spielen und zuhause keine Vorbereitung oder Üben zu investieren. Diese Spezie Musiker hat sich für mich im zweiten Studienjahr immer mehr zu einer Art „Persona non grata“ entwickelt. Unterstützt wurde diese innere Ungeduld noch von der doch hohen Belastung, die durch das Metafoor-Studium, zwei Orchester, einem Vollzeit-Job im Marketing, meiner Familie und der Betreuung von Angehörigen entstanden ist. So musste ich die „Reißleine“ ziehen und mich im Juni 2016 nach 11-jähriger Tätigkeit von einem Orchester trennen, da es meine steigenden musikalischen Ansprüche nicht mehr mittragen konnte. Zugleich suchte ich das Gespräch mit Prof. Alex Schillings, da ich intensiv am überlegen war, das Metafoor-Studium in der Hälfte abzubrechen.

2017 – Intensive Veränderung und die „Ich-kann-gar-nichts-mehr-Phase“

Abgebrochen habe ich nicht. Und so startete ich im Januar 2017 weiter in das Abenteuer Metafoor. Mein persönliches Motto ab diesem dritten Studienjahr lautete „Jetzt wird durchgezogen!“. Es fühlte sich alles befreiter an und ich stürzte mich weiter in die musikalische Welt, die uns vor allem Alex Schillings immer wieder auf`s neue eröffnete. Mit intensiver Harmonie-Lehre bei Rob Goorhuis, den Grundregeln der Komposition und sinnhafter Arrangements setzte ich mich auseinander. Ich analysierte Blasorchester-Werke und bildete mir Kategorien von „guten Komponisten“ und „schlechten Computer-Satz Komponisten“. Das alles klappte sehr gut. Nur beim praktischen Dirigieren, da wurde es immer schlimmer. Zeitweise konnte ich in meinem Orchester keinen Marsch und einfachste Stufe-3-Werke mehr dirigieren. Ich hatte ständig das Gefühl zu haben, dass das Schlagbild nicht stimmt oder dass ich nicht im Takt sei. Irgenwie sollte ich doch alles anders oder besser machen. Ich war komplett angekommen in der „Ich-kann-gar-nichts-mehr-Phase“.

2018 – Aus Verzweiflung wird Mut und ein Unterbewusster Rucksack

Mit dem Abschluss-Konzert des ersten Metafoor-Jahrgangs Anfang Februar in Bad Krozingen, bekamen wir einen Vorgeschmack, auf das, was uns in einem Jahr erwarten würde. Das Musikkorps der Bundeswehr stand als Prüfungsorchester zur Verfügung und vier Studenten aus dem Jahrgang über uns, durften dieses Profi-Orchester für die Dauer ihres Prüfungswerks anleiten und dirigieren. An diesem Abend wurde mir bewusst, wie schnell man in Stress-Situationen, wie einer solchen Prüfung, wieder in die alten „Dirigier-Muster und Schlagbilder“ verfällt. Also „Achtung“, das darf mir in meiner Prüfung nicht passieren! Und diesen Vorsatz hatte ich mir für das abschließende Studienjahr in den Fokus gestellt.

Das (gedacht) letzte Studienjahr ging wie im Flug vorbei. Rasant kam bereits der Sommer, in dem wir die erste prüfungsrelevante Aufgabe erhielten. Erstellen sie ein Arrangement für sinfonisches Blasorchester, ausgehend von einem einfachen mehrstimigen Werk. Ich entschied mich für einen „Orgel-Marsch“ von Alexandre Guilemont (Op. 36, Nr. 3).

Leider konnte ich bisher das erstellte Werk noch nicht mit einem sinfonischen Blasorchester aufführen, aber im Computer klingt es schon mal ganz ordentlich.

Nachfolgend das Hörbeispiel meiner Bearbeitung (erstellt mit Sibelius Klangbibliothek):

 

Zum Vergleich kann man hier das Original-Werk hören: > auf Orgel anhören.

Im November stand die theoretische Abschlussprüfung bei Rob Goorhuis an. Sowie die Vorbereitungen auf die weiteren Prüfungen und das geplante Abschlusskonzert im Januar. Im Zuge dessen hatte ich entschieden, die Lerninhalte in meinem Blog als Beiträge aufzubereiten. So konnte ich bei der Erstellung lernen, aber auch jederzeit mobil per Smartphone darauf zugreifen und auch von unterwegs lernen. Folgende Beiträge sind in dieser Zeit entstanden:

2019 – Die kleine ungeplante Verlängerung mit Zugabe

Anfang Januar stand die große Theorie-Prüfung bei Prof. Alex Schillings an, die ich mit 18 Seiten handschriftlicher Antworten über den gesamten Lernstoff der letzten vier Jahre Metafoor-Studium absolvierte. Ob es gereicht hat und ob es dann mit der Praxis-Prüfung klappen wird, war im Januar doch noch länger unklar, als eigentlich geplant. Leider konnte das Musikkorps der Bundeswehr in diesem Jahr nicht als Prüfungsorchester mitwirken und so mussten die Verantwortlichen des BDB erst einmal alle Hebel in Bewegung setzen, einen geeigneten Ersatz zu finden. Sowohl für das Orchester, aber auch Termin und Räumlichkeit. Schlussendlich hat auch dies geklappt und mit dem Bundespolizeiorchester München und dessen Dirigenten Jos Zegers war dies weit mehr als ein „Ersatz“. In der vorbereitenden Probenwoche in München, durften wir in der Kaserne der Bundespolizei wohnen, mit dem Orchester arbeiten und jede Menge Erfahrungen sammeln. Für mich persönlich war diese Woche eine komprimierte Lerneinheit, die mir in Summe noch weit mehr gebracht hat, als ich je gedacht hätte.

Die abschließende Praxis-Prüfung fand am 31.03.2019 als Benefizkonzert mit dem Bundespolizeiorchester München im Bürgerhaus am Seepark in Freiburg statt. Endlich stand ich vor der Jury und durfte das Bundespolizeiorchester München mit dem Prüfungsstück „The Seafarer“ von Haydn Wood dirigieren.

An dieser Stelle ein herzliches DANKE allen Musikern des Bundespolizeiorchesters München und Jos Zegers, die uns eine erfahrungsreiche Woche, neue Freundschaften und begeisternde Musik ermöglicht haben.

 

Impressionen aus dem Prüfungs-Konzert:

Ein kleines Selbstinterview:

Fällt mir eine Last von den Schultern oder werde ich die monatlichen Studientage vermissen?

Ja! Nach den 4 Jahren und so vieler Stunden Lernen zuhause, fällt definitiv eine „Last“ von meinen Schultern, wenn auch eine positive Last. Da ich das Studium aber „nebenberuflich“ absolviert habe, gab es schon „Last-Spitzen“, die ich jetzt definitiv nicht vermissen werde. Das Wertvollste, die immer wieder neuen Impulse von Alex Schillings und Rob Goorhuis, so wie den Studienkollegen, werde ich aber auf jeden Fall sehr vermissen!

Wie habe ich mich durch das Studium „Metafoor“ als Dirigent weiterentwickelt?

„Sehr intensiv und vielfältig“ ist meine Antwort hierzu. Da die Inhalte von „Metafoor“ die vielfältigsten Bereiche umfassen und den „Dirigenten“ in seinem gesamten Wirkungskreis bearbeiten, habe ich mich in allen Disziplinen weiterentwickelt. Hier alle Themen aufzuzähle würde den Rahmen sprengen. Die beste Zusammenfassung der Themen findet man im Buch „Metafoor“ von Alex Schillings. Denn dort zeigt er die verschiedenen Themenfelder je Studienjahr auf. War dies Anfangs für mich noch „erschreckend viel“, so kann ich jetzt nach Abschluss sagen, dass es doch dieses umfassende Wissen ist, das mir vermittelt wurde. In meiner praktischen Arbeit mit meinem Orchester, sind die nachfolgenden Themen als Veränderung am deutlichsten festzustellen:

  • Literaturauswahl und Literaturkenntnis
  • Erweiterte Schlagtechnik und verbesserungen in den Schlagbildern
  • Wissen über Blasmusik und Instrumente
  • Kenntnisse der Kompositionslehre
  • Probentechnik

Neben all den fachlichen Themen, hat mich auch die Begeisterung der Dozenten für die „sinfonische Blasmusik“ nachhaltig entwickelt. Oft suchen wir in Musikvereinen nach einer Art „Alibi-Balance“ zwischen „Hobby“ und doch „hohem Anspruch“. Wenn man Alex Schillings, Rob Goorhuis oder  Jos Zegers erlebt und mit ihnen arbeitet, dann stellt sich diese Frage nach „…das ist doch nur Hobby…“ nicht mehr. Denn es ist „Musik „und diese hat ein „Recht“ auf die bestmöglichste Interpretation.

Spiegelt sich meine Entwicklung als Dirigent auch in der Entwicklung meines Orchesters wieder?

Ja, davon bin ich überzeugt. Die Literaturauswahl ist besser, die nachhaltige Probenarbeit intensiver, die Schwierigkeitsstufe ist gestiegen. Bereits während meines Studiums hat mein Orchester in einer umfangreichen Musikerumfrage die Veränderung deutlich aufgezeigt. Die Antworten der Musiker die mich „Vor-Metafoor“ kennen und derer die mich erst „Seit Metafoor“ kennen, zeigten deutlichste Unterschiede auf. Für die musikalisch hörbare Veränderung habe ich einen einfachen Beweis. Während des gesamten Studiums, durfte ich mich intensiv mit „The Seafarer“ von Haydn Wood beschäftigen und dieses Werk mit meinem Orchester, der Orchestergemeinschaft Seepark, mehrfach neu erarbeiten. Über 3 Jahre hinweg haben wir es bei Konzerten und einem Wertungsspiel vorgetragen. So konnte ich an Hand dieses Werks die musikalische Entwicklung hörbar und sichtbar dokumentieren. Alle Videos der verschiedenen Entwicklungsstufen hier nachfolgend:

Stufe 1 im Dezember 2016

 

Stufe 2 im Oktober 2017

 

Stufe 3 im Dezember 2018

 

und meine persönliche Stufe 4 im März 2019 mit dem Bundespolizeiorchester München