Du hebst den Taktstock – und 60 Musiker knallen Dir mit Fortissimo die Noten um die Ohren. Alle meinen es gut, alle geben Gas – und am Ende bleibt ein akustisches Chaos. Kommt Dir das bekannt vor? Dann wird es Zeit, das Thema Dynamik neu zu denken: Nicht als „lauter = besser“, sondern als Werkzeug für Klangbalance und Musikalität.
Was bedeutet dieser Tipp konkret?
„Jeder Musiker muss das Umfeld hören können, also nie ff spielen lassen.“
Das bedeutet nicht, dass es nie Fortissimo geben darf – aber: Es darf nicht zur Norm werden. Denn wenn jeder auf Anschlag spielt, hört niemand mehr, was um ihn herum passiert. Und Musik ist kein Einzelkämpfer-Sport. Besonders im Blasorchester ist Hören der Schlüssel zum Miteinander. Ohne gegenseitiges Hören gibt’s keine Intonation, keine Balance – und keine musikalische Aussage.
So setzt Du es als Dirigent um:
- Klares Klangideal formulieren:
- Fortissimo darf nicht drücken oder scheppern – es soll tragen und öffnen.
- Achte bei Proben auf das Verhältnis: Wer hat Melodie? Wer begleitet?
- Technik statt Lautstärke:
- Zeige, wie man durch Klangfarbe, Artikulation und Präsenz „wirkt“ – nicht durch Lautstärke.
- Lass Solisten mit Begleitung spielen – und zeige: Sie dürfen sich nie „überblasen“ fühlen.
- Orchester darauf schulen:
- Lass bewusst unterhalb der notierten Dynamik spielen, z. B. statt volles „forte“ = besser nur ein „kleines forte“
- Übe Pianissimo als Ensembleübung – das erfordert aktives Hören.
- Vermeide „automatisches Fortissimo“, wenn alle spielen. Gerade bei Tutti-Stellen ist Klangbalance entscheidend.
- Nutze Raum und Akustik:
- In halligen Räumen reicht oft ein Mezzoforte für große Wirkung.
- Fördere Selbstkontrolle: Jeder soll sich selbst und die anderen bewusst wahrnehmen.
Was denkt das Orchester darüber?
Zuerst mag es frustrierend sein, „leise“ zu spielen – gerade für junge Musiker. Aber sobald man merkt, dass man gehört wird, entsteht ein neues Klanggefühl. Als Musiker freue ich mich, wenn mein Dirigent Klangbalance nicht nur predigt, sondern aktiv gestaltet. Denn dadurch wird das Orchester nicht nur leiser – sondern auch präziser und musikalischer.
Und das Publikum?
Ein ff-Gewitter ist schnell beeindruckend – aber auch schnell ermüdend. Das Publikum liebt Kontraste. Eine spannende Dynamikreise – vom zarten Piano bis zum kontrollierten Forte – erzeugt Emotion. Wenn Zuhörer die Details hören, die Farben wahrnehmen und sich von der Musik tragen lassen, bleibt ein Konzert in Erinnerung. Nicht weil’s laut war – sondern weil’s klang.
Fazit:
- 👉 Lautstärke ersetzt keine Musikalität.
- 👉 Dynamik heißt: führen, nicht dröhnen.
- 👉 Musik entsteht dort, wo sich Musiker gegenseitig hören.
🎯 Praxisimpuls: Probiere in der nächsten Tutti-Passage aus, das Orchester nur in Mezzoforte spielen zu lassen – und baue von dort aus die Dynamik gemeinsam mit dem Klang auf. Frage danach: „Wer konnte wen hören?“
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